Bedeutung | Träger | Inhalt | Einvernehmlichkeit | Streitfälle | Gerichtsentscheidungen
Das Sorgerecht bezeichnet die Sorge für die Person des Kindes und das Vermögen des Kindes. Dies betrifft alle Belange der Erziehung und Versorgung. Wer das Sorgerecht für ein Kind hat, ist gesetzlich festgelegt.
Das Sorgerecht bei ehelichen Kindern:
Bei Kindern, die in einer Ehe geboren werden, tragen die Eltern das Sorgerecht gemeinsam. Auch bei einer Trennung oder Scheidung der Eltern bleiben beide gemeinsam sorgeberechtigt. Dies kann nur durch einen Beschluss des Familiengerichts geändert werden. Leben die Eltern getrennt und lebt das Kind im Einvernehmen der Eltern oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung bei einem Elternteil, trifft dieser Elternteil auch bei weiter bestehendem gemeinsamen Sorgerecht die Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens allein.
Das Sorgerecht bei nichtehelichen Kindern: Auch wenn das Kind nicht innerhalb einer Ehe geboren wird, tragen die Eltern das Sorgerecht gemeinsam, wenn der Vater die Vaterschaft anerkannt hat und die Mutter der gemeinsamen Sorge zugestimmt hat. Dies könnte sich in absehbarer Zeit ändern, denn der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil vom Dezember 2009 die Auffassung vertreten, die gemeinsame Sorge dürfe nicht nur vom Willen der Mutter abhängen, sondern auch die Belange des minderjährigen Kindes müssten berücksichtigt werden. Der deutsche Gesetzgeber hat bislang (Stand Januar 2010) noch kein entsprechendes Gesetz erlassen, so dass die alte Rechtslage in Deutschland noch gilt.
Bei nichtehelichen Kindern ist die Mutter also allein sorgeberechtigt, wenn sie dem gemeinsamen Sorgerecht mit dem Vater nicht zustimmt oder dieser das gemeinsame Sorgerecht nicht erhalten will oder wollte.
Ein Elternteil kann auch allein sorgeberechtigt sein, wenn der andere Elternteil das Sorgerecht nicht ausüben kann oder ihm das Sorgerecht entzogen wurde. Das kann aus Krankheitsgründen oder aus persönlichen Gründen geschehen.
Das Sorgerecht kann unter Umständen beiden Eltern entzogen werden und auf einen Pfleger oder Vormund übertragen werden, wenn die sorgeberechtigten Eltern nicht in der Lage sind, das Sorgerecht für die Kinder auszuüben.
Das Sorgerecht umfasst folgende Bereiche:
Die Personensorge:
Die sogenannte Personensorge umfasst die allgemeinen täglichen Bereiche des Lebens, wie die Pflege des Kindes, die Erziehung, die Beaufsichtigung und auch die Bestimmung des Aufenthalts. Die sorgeberechtigten Eltern haben nicht nur das Recht hierzu, sondern auch die Pflicht. Dazu gehört auch die Ausbildung des Kindes, auf die das Kind ein Recht hat. Ebenso haben die Kinder das Recht auf gewaltfreie Erziehung.
Die Vermögenssorge
Die sorgeberechtigten Eltern üben auch die sogenannte Vermögenssorge für das Kind aus. Das heißt, dass sie das Einkommen und Vermögen des Kindes im Interesse des Kindes verwalten und die erforderlichen Ausgaben tätigen. Sie führen die Geschäfte nicht im eigenen Namen sondern als Vertreter des Kindes aus. Die Vertretung ist teilweise ausgeschlossen, wie etwa Schenkungen aus dem Vermögen des Kindes und das Familiengericht muss einige Geschäfte genehmigen, wie etwa Grundstücksgeschäfte. Insbesondere in Angelegenheiten des Alltags vertreten die Eltern, die das Sorgerecht haben, die Kinder jedoch unproblematisch.
Bei geteiltem Sorgerecht und Getrenntleben der Eltern müssen diese sich jedoch in einigen Bereichen eine einvernehmliche Entscheidung treffen:
· Wahl der Erziehungsmaximen
· Wahl des Vornamens
· Aufenthaltsbestimmungsrecht
· Auswanderung des Kindes
· Ferienaufenthalt im Ausland
· Wochen- und monatelanger Schüleraustausch
· Schulische und berufliche Ausbildung des Kindes
· Wechsel des Kindes in ein Heim oder Internat
· Medizinische Eingriffe (nicht bei Notfällen)
· Ob und wogegen Kinder geimpft werden sollen
· Religiöse Erziehung
· Umgang mit dem anderen Elternteil, bzw. anderen Personen
· Unterhalt des Kindes
Das Sorgerecht misst diesen Punkten eine erhebliche Bedeutung bei und verlangt eine einvernehmliche Regelung.
Was kann getan werden, wenn die Eltern sich in Angelegenheiten des Sorgerechts nicht einigen können?
Besteht Streit über Angelegenheiten, die der gemeinsamen Entscheidung unterliegen, oder auch darüber, ob ein Elternteil künftig das Sorgerecht allein erhalten soll oder will, besteht die Möglichkeit sich an die staatlichen Einrichtungen zu wenden und um Vermittlung zu bitten. Anlaufstelle hierfür sind die Jugendämter, die in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich organisiert sind. Es können natürlich auch private Mediatoren zur Hilfe herangezogen werden.
Kann auf diese Weise keine Einigung erreicht werden, kann ein Antrag beim Familiengericht, in dessen Bezirk das Kind lebt, gestellt werden. Das Gericht sendet den Antrag dann dem anderen Elternteil zur Stellungnahme zu und gleichzeitig auch dem Jugendamt. Das Jugendamt ist zwingend am Verfahren zu beteiligen und hat die Aufgabe mit den Eltern und dem Kind zu sprechen und einen schriftlichen oder mündlichen Bericht zu erstellen und eine Empfehlung abzugeben.
In einem ersten Gerichtstermin wird unter Mitwirkung eines Mitarbeiter des Jugendamtes oder einer vom Jugendamt beauftragten Person versucht, eine einvernehmliche Lösung zu erreichen. Gelingt das nicht, kann eine Vermittlung durch das Jugendamt oder eine Begleitung durch das Jugendamt bei bestimmten Problemen durchgeführt werden. Wird auch so keine Lösung des Streits erreicht, trifft das Gericht eine Entscheidung, die das künftige Sorgerecht ändert oder zeitweise oder teilweise auf einen Elternteil überträgt.
Eine solche gerichtliche Entscheidung kann je nach Art auf erneuten Antrag bei dem Gericht geändert oder aufgehoben werden. Teilweise kann auch Beschwerde eingelegt werden gegen die so angeordnete Umsetzung des Sorgerechts.
Welche Entscheidungen kann das Gericht treffen, wenn es um das Sorgerecht für das Kind Streit gibt? Maßstab hierbei ist immer das Wohl des Kindes.
Auf dieser Grundlage kann das Gericht beispielsweise das Sorgerecht auf einen Elternteil übertragen. Das geschieht unproblematisch, und ohne die oben angesprochene Anhörung des Jugendamtes, wenn der andere Elternteil zustimmt. Es kann auch nur das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf einen Elternteil übertragen werden, wenn nur der Aufenthalt streitig ist.
Bei Streitigkeiten über einzelne Faktoren der Erziehung, wie beispielsweise die Wahl der Schule, kann das Gericht die Entscheidung eines Elternteils, und zwar in diesem Fall die Entscheidung, auf welche Schule das Kind gehen soll, auf einen Elternteil allein übertragen.
Streiten die Eltern über den Umzug des Elternteils bei dem das Kind wohnt in eine andere Stadt und stimmt der andere Elternteil nicht zu, kann, wenn die Voraussetzungen vorliegen, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den betreuenden Elternteil übertragen werden.
Besteht Streit über eine ärztliche Maßnahme, kann das Entscheidungsrecht auf einen Elternteil übertragen werden und dieser dann gegebenenfalls den Behandlungsvertrag abschließen. Dies kommt zum Beispiel vor bei Streit über teure medizinische Behandlungen wie etwa bei einem Kiefernorthopäden, dessen Kosten die Eltern sich dann meistens teilen müssen, wodurch der Unterhalt für das Kind erhöht wird. Insgesamt betreffen solche Entscheidungen dann nur das Einzelrecht für die strittige Entscheidung, das Sorgerecht bleibt aber weiterhin bei beiden Elternteilen.